Freitag, 16. Dezember 2011

Adressänderung

Meine Beiträge für Avenir Suisse finden Sie neu hier (auf Deutsch) und hier (in italiano). 

Donnerstag, 15. September 2011

Arrivederci!

Ich habe seit Kurzem einen neuen Job – nicht als Stadtökonom, sondern als Ökonom „tout court“. Mein neuer Arbeitsgeber - Avenir Suisse, der Think Tank der Schweizer Wirtschaft - hat auch einen Blog. Die Interessenkonflikte wären zu gross, wenn ich diese Seite weiterführen würde. So bedanke ich mich mit allen Lesern und Leserinnen und lade alle ein, Seite zu wechseln!

Als krönender Abschluss werde ich am kommenden Samstagnachmittag an einem Podiumsgespräch zum Thema „Wohnungsnot in Zürich“ teilnehmen. (Vielen Dank an inura.ch für die Einladung). Das Gespräch findet ab 16h30 im Volkshaus in Zürich statt (Weisser Saal). Der Eintritt ist frei – die Diskussion garantiert heiss. Schön, wenn Sie kommen und damit die Seite der städtischen Vernunft stärken.


Arrivederci
Marco Salvi / Der Stadtökonom

Freitag, 19. August 2011

Neue Eigenmittelvorschriften: Eine Lösung auf der Suche nach einem Problem?

Der Bundesrat hat gehandelt. Unter dem Druck der Exportwirtschaft und kurz vor den Nationalratswahlen hat er Massnahmen vorgeschlagen, um das Ungleichgewicht zwischen Binnen- und Exportwirtschaft zu korrigieren. Darunter fällt auch eine überraschende Verschärfung der Eigenmittelvorschriften für jene Hypotheken, die über die üblichen Tragbarkeits- und Belehnungsgrenzen hinausgehen. Ich vermute, dass damit Kredite mit einer Belehnung über 85% und einer Tragbarkeit von mehr als 35% gemeint sind – so genannte Exception-to-Policy-Hypotheken.

Die Verschärfung der Eigenmittelvorschriften werte ich als eine kosmetische Massnahme, auch wenn die Wirkung auf das Kreditangebot selbstverständlich vom Ausmass dieser Verschärfung abhängig sein wird. Bereits heute hinterlegen die meisten Banken höhere Eigenmittel für dieses etwas riskantere Segment.

Man kann sich zudem grundsätzlich fragen, ob die vom Bundesrat (d.h. von der SNB) befürchtete übermässige Ausdehnung des Kreditangebotes eine reale Gefahr für die Schweizer Volkswirtschaft darstellt. Die jüngsten Daten der Kreditstatistik weisen auf eine bloss moderate Expansion des Hypothekarbestandes der privaten Haushalte hin. So sind die Hypothekarforderungen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres lediglich um 1,7 Prozent gestiegen – von einem Boom kann also wirklich nicht die Rede sein.

Immerhin zielen die neuen Massnahmen nicht auf die Drosselung der Neubautätigkeit. Es wäre verfehlt, wenn die starke, fundamental bedingte Nachfrage nach Wohnraum nicht bedient werden könnte. Auslöser der Krise in den USA war nicht so sehr die übermässige Produktion von Wohnraum, sondern der Missbrauch des Hypothekarkredits als Finanzierungsquelle eines gigantischen Gelages. Zum Verhängnis wurden die zu lockeren Refinanzierungsbedingungen, nicht die Finanzierung des Neugeschäftes. Vielleicht haben unsere Behörden von der US-Krise tatsächlich etwas gelernt.

Freitag, 12. August 2011

Mieterverband widerlegt Gesetze der Ökonomie [ironisch]


Als gelegentlicher Blogger ist mir bewusst, dass jede Nachricht nach zwei Tagen kaum mehr erwähnenswert ist. Dennoch: mit den Ferien und dem schönen Wetter lässt meine Reaktionsgeschwindigkeit deutlich nach. Deshalb finde ich erst jetzt die Musse, die dürftige Replik von Niklaus Scherr, dem ehemaligen Geschäftsleiter des Mieterverbandes Zürich, in der NZZ am Sonntag vom 17. Juli zu den Thesen einer Avenir-Suisse-Publikation zu kommentieren.

Ein paar Anmerkungen scheinen mir hier dennoch angebracht, nicht zuletzt, weil mich als Hobby-Stadtökonom immer wieder fasziniert, wie Politiker die Gesetze der Ökonomie zu Gunsten ihrer Ideologie verdrehen. Zudem bin ich bereit zu wetten, dass, sobald der Schweizer Franken etwas schwächer wird, die Lage auf dem Wohnungsmarkt zum Thema Nr. 1 der kommenden Nationalratswahlen avancieren wird.
 
Im Artikel glaubt Scherr zu zeigen, dass „je höher der Preis, desto mehr Raum verschwendet wird“. Dass die NZZaS einen derart widersinnigen Titel abdrucken lässt, zeugt entweder von einem unaufmerksamen Lektorat oder von Gemeinheit gegenüber dem Autor. Zur scheinbaren Widerlegung des elementarsten ökonomischen Zusammenhanges führt Scherr das Beispiel der Genossenschaftswohnungen in Zürich an, deren Bewohner trotz tiefen Mieten ca. 20 Prozent weniger Fläche pro Person als auf dem privaten Markt beanspruchen (33 m2 statt knapp 40 m2).
Doch jeder versteht, dass, um in den Genuss stark subventionierter Wohnungen zu kommen, die Genossenschaftsmieter bereit sind, auf gewisse Kompromisse einzugehen. In einem älteren Blogeintrag habe ich geschätzt, dass die Mieter im gemeinnützigen Segment Abstriche auf ihren Wohnkonsum von sogar 50 Prozent hinnehmen würden, um weiterhin von den äusserst tiefen Genossenschaftsmieten zu profitieren. Im Übrigen stellt der tiefe Konsum per se nichts Positives dar. Der Wohnraumkonsum vieler Genossenschaftsmieter – insbesondere der Bewohner älterer Genossenschaftswohnungen – ist durch die Vorschriften der Baugenossenschaften stark rationiert. Damit entstehen bei diesen Mietern Wohlfahrtverluste. Im Klartext: Die Genossenschaftsmieter würden lieber - wenn sie könnten - etwas mehr ausgeben, um dafür in einer grösseren Wohnung wohnen zu können.
Die hohe Belegung der gemeinnützigen Wohnungen ist zudem kein Beweis dafür, dass die Genossenschaften den Boden effizient verwenden. Daten des Statistischen Amtes der Stadt Zürich belegen indessen, dass die bauliche Dichte der Wohnbaugenossenschaften in jedem Kreis der Stadt Zürich tiefer ist als jene der privaten Vermieter. Genossenschaften gehen also mit dem knappen städtischen Bauland verschwenderischer um als der Klassenfeind.

Weiter bestreitet Scherr im Artikel, dass die Genossenschaften subventioniert werden. Die Mieten würden die anfallenden Wohnkosten decken. Auch diese Behauptung ist nicht stichhaltig. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Wohnbaugenossenschaften von der Stadt Boden zu Vorzugskonditionen erhalten. Nach meiner Rechnung, welche einer einfachen Anwendung der Residualwerttheorie des Bodens zugrunde liegt, verzichtet die Stadt (d.h. die Zürcher Bevölkerung) damit jedes Jahr auf Einnahmen von ca. 200 Millionen Franken. Zwar übersieht Scherr diese Opportunitätskosten komplett, dennoch bleiben sie real.
Der Artikel endet – nebst persönlichen Attacken gegen den Autor der Avenir-Suisse-Studie – mit einer Lobeshymne auf die Durchmischung, die wir angeblich ausschliesslich den gemeinnützigen Eigentümern zu verdanken hätten. In Wahrheit unterscheidet sich die Mieterschaft der Stadtzürcher Genossenschaften punkto Einkommen und Vermögen kaum von den übrigen Mietern. Wenn überhaupt ist sie homogener (der Anteil der Schweizer ist beispielsweise massiv höher) und sesshafter, was einer hohen Durchmischung eher hinderlich ist.
Was Durchmischung wirklich heisst, liegt sowieso im Auge des Betrachters. Fest steht allerdings, dass der ehemalige Chef des Mieterverbandes nicht so sehr das Interesse der Zürcher Mieterinnen und Mieter – oder gar der Stadt Zürich – im Auge hat, sondern vor allem jenes seiner privilegierten Klientel.

Sonntag, 24. Juli 2011

Zürcher Parkplätze sind die teuersten auf Kontinentaleuropa

Wir hatten schon die teuersten Taxis - wir haben nun auch die teuersten Parkplätze. Hier finden Sie die Rangliste.

Samstag, 9. Juli 2011

Une bulle immobilière en Suisse Romande?

En français, s'il vous plaît. Vous trouverez ici les slides de ma présentation au colloque organisé par Avenir Suisse/EPFL "Étalement urbain/bulle immobilière?". Et ici une preuve que j'y étais vraiment.

Samstag, 2. Juli 2011

Die teuren Lagen werden teurer

Die Grafik zeigt den Anstieg der Angebotsmieten (Neumieten) in der Schweiz zwischen 2006 und 2010 in Abhängigkeit des Lagewertes. Jede bebaute Lage in der Schweiz wurde je nach Höhe der Miete, die an diesem Standort erzielt wird, einer Klasse zugeordnet. Die Klasse 1 umfasst die 10 Prozent billigsten Lagen der Schweiz; die KIasse 2 die etwas teureren Lagen usw. bis zur Klasse 10, in der sich die 10 Prozent teuersten Lagen befinden. Es fällt auf, dass die Lagen, die 2006 bereits teuer waren, seitdem am meisten zugelegt haben. Diese Lagen befinden sich vorwiegend in den Zentren der grössten Agglomerationen (Zürich, Genf). Der Mietanstieg war in den anderen Klassen, welche 80 Prozent aller bewohnten Lagen der Schweiz umfassen, sehr ähnlich. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Nachfrage in den Zentren überproportional gestiegen ist - und dass wir da zu wenig bauen. (Quelle der Daten: ZKB/homegate.ch)

Dienstag, 28. Juni 2011

Die Schweiz baut am falschen Ort

Die Grafik ist - glaube ich - selbsterklärend.

Freitag, 24. Juni 2011

Pauschalbesteuerung und Immobilienpreise – gibt es einen Zusammenhang?

Eine Version dieses Beitrags ist heute in der Print-Ausgabe der NZZ erschienen.
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Etwas mehr als 5'000 in der Schweiz wohnhafte, vermögende Ausländer – darunter einige Formel 1-Piloten, alternde Rockstars und Silvio Berlusconis Ex-Schwiegermutter – werden pauschal besteuert. Die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer richtet sich in ihrem Fall nicht nach dem tatsächlichen Einkommen, sondern vorwiegend nach ihren Wohnausgaben in der Schweiz.

Ohne auf die Vor- und Nachteile dieser Besteuerungsform eingehen zu wollen, stellt sich die vielzitierte Frage, ob eine Abschaffung der Pauschalbesteuerung und der mögliche Wegzug dieser wohlhabenden Steuerzahler zu einem Einbruch der Preise für Luxusobjekte führen würde.

Diese Frage lässt sich am bestem mit Hilfe eines kleinen Gedankenexperimentes klären. Man stelle sich vor, ein bekannter Milliardär – wir nennen ihn Dagobert Duck – sei auf der Suche nach einer Villa in einer steuergünstigen Waadtländischen Gemeinde. Ein lokaler Makler hat ein passendes Objekt ausfindig gemacht, das zum Verkauf steht. Zum Leidwesen von Duck haben noch weitere Personen ihr Interesse am Objekt angemeldet. Im Unterschied zu Dagobert sind diese Interessenten jedoch keine Milliardäre, sondern bloss Millionäre. Ducks Vermögen übertrifft also jenes der Mitbietenden um ein Vielfaches. Wie viel soll Duck für das Objekt bieten?

Als Milliardär wäre er durchaus in der Lage, deutlich mehr als seine Mitbewerber zu zahlen. Das ist allerdings gar nicht nötig. Um die Villa zu erwerben, muss Dagobert Duck bloss das zweithöchste Gebot um einen Franken überbieten. Der Liegenschaftspreis drückt also nicht Ducks Zahlungsbereitschaft aus. Sie entspricht jener des meistbietenden Millionärs, der beim Hauskauf leer ausgeht.

Nun kommt für Duck eine böse Überraschung. Kurz vor Verkaufsabschluss erfährt er, dass demnächst eine Sondersteuer auf seinem Vermögen eingeführt werden soll. Die „Lex Dagobert“ trifft nur Milliardäre. Millionäre sollen ausdrücklich davon verschont bleiben. Angenommen Duck sei am Villenkauf weiterhin interessiert, wird er sein Angebot angesichts der künftig höheren Steuerbelastung überdenken?

Auf keinen Fall. Die Situation der mitbietenden Millionäre hat sich nicht verändert. Sie werden ihre Zahlungsbereitschaft für das Objekt nicht revidieren. Folglich wird Duck für den Erwerb der Villa gleich viel ausgeben müssen.

Die Analogie mit der Pauschalbesteuerung ist offensichtlich. Sogar im Kanton Waadt, in dem ein Viertel aller Pauschalbesteuerten der Schweiz angesiedelt sind, stellt diese Gruppe bloss 0,3 Prozent der Steuerzahler dar. Wie der Dagobert Duck unseres Gedankenexperimentes üben sie einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Immobilienpreise aus. Es sind die – relativ gesehen – etwas tieferen Einkommensklassen, welche dafür verantwortlich sind, dass in der Schweiz einen umgekehrten Zusammenhang zwischen Steuerbelastung in einer Gemeinde und Immobilienpreisen  beobachtet wird. 

Schätzungen der Zürcher Kantonalbank zeigen, dass innerhalb des Kantons Zürich die Häuserpreise um 1 Prozent steigen, wenn der Gemeindesteuersatz um 10 Prozent sinkt, also zum Besipiel von 120 auf 108. Ein Eigenheim im Wert von 800'000 Franken kostet darum in einer Gemeinde mit 10 Prozent tieferen Steuern 8'000 Franken mehr.


Nicht sämtliche Steuervorteile werden in den Boden- und Immobilienpreisen kapitalisiert. Wäre dies der Fall, hätte der "Steuertourismus" nie eingesetzt. Jede Steuersenkung wäre automatisch durch eine entsprechende Erhöhung der Immobilienpreise kompensiert. Für Haushalte mit den höchsten Einkommen kann sich ein Umzug in eine steuergünstige Gemeinde durchaus lohnen. Eine eventuelle Abschaffung der Pauschalbesteuerung wird demanch keinen Immobiliencrash rund um den Genfersee verursachen. Dies heisst aber auch, dass sie für den starken Anstieg der Immobilienpreise in diesen Regionen nicht verantwortlich gemacht werden können.

Freitag, 17. Juni 2011

Der Schweizer Indexsalat macht Schlagzeilen

Die NZZ hat gestern das Thema der stark divergierenden Schweizer Immobilienpreisindizes prominent aufgenommen. Zu Recht wird im Artikel darauf hingewiesen, dass die bestehenden Indizes nicht transparent sind - man probiere nur, eine Dokumentation bei den Index-Providers einzufordern. Schlimmer noch, die Datengrundlage ist ebenfall nicht öffentlich. Es wäre wirklich Zeit, dass sich das Bundesamt für Statistik diesem Thema aktiver widmen würde. Wenn die Messung der Immobilienpreisentwicklung für eine Volkswirtschaft derart wichtig ist, dann muss die amtliche Statistik in der Lage sein, präzis darüber Auskunft zu geben.

Freitag, 10. Juni 2011

Baugenossenschaften kosten mehr als ich dachte

Wie hoch sind die volkswirtschaftlichen Kosten der Wohnbaugenossenschaften in Zürich? Dazu hatte ich einen Beitrag verfasst, der die Gemüter einiger Baugenossen erhitzte. Ich muss nun zugestehen, dass meine Einschätzung der Zürcher Wohnbauförderung verzerrt war: Die Kosten sind höher als ich ursprünglich dachte.

Der Grund? Das Glück der Wohnbaugenossen und der Bewohner der städtischen Liegenschaften ist nicht ganz so ungetrübt wie ich meinte. Diese Mieter erhalten zwar eine erhebliche implizite Subvention – ich schätze sie auf ca. 200 Mio. Franken pro Jahr, rund 2'600 Franken pro Mieter (Babys inklusive). Auf der anderen Seite müssen sie jedoch in kleineren Wohnungen wohnen, als was ihnen lieber wäre. Aus Sicht der Volkswirtschaft entstehen damit Kosten, die ich in meiner Kosten-/Nutzenanalyse unterlassen hatte.

Um meine Auslassung besser zu verstehen, lohnt es sich zuerst einen Blick auf die folgende Abbildung zu werfen. Diese stellt schematisch die individuelle Nachfrage nach Wohnfläche in der Stadt Zürich dar. Die Miete auf dem Privatmarkt betrug im Jahr 2006 gemäss Mietstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik 266 Franken pro Quadratmeter und Jahr. Gemäss Volkszählung 2000 beanspruchten die Mieter in diesem Segment ca. 40 Quadratmeter pro Person. 

Wer in einer gemeinnützigen Wohnung wohnte, zahlte im Jahr 2006 nur 188 Franken pro Quadratmeter und Jahr, rund 30 Prozent weniger als auf dem Privatmarkt. Man könnte erwarten, dass der typische Bewohner einer Genossenschaft bei einer derart tiefen Miete mehr Wohnraum konsumieren würde, als ein vergleichbarer Mieter in einer privaten Wohnung. Dem ist aber nicht so. Die Wohnfläche pro Person ist im gemeinnützigen Segment mit ca. 33 Quadratmetern deutlich kleiner als bei den übrigen Mietwohnungen. Die Zürcher Baugenossenschaften halten sich also an ihre Belegungsvorschriften. Diese sehen vor, dass die Anzahl Zimmer nicht mehr als die Anzahl der Personen im Haushalt plus 1 beträgt. Der Wohnraumkonsum der Genossenschaftsmieter ist durch die Vorschriften der Baugenossenschaften rationiert. 

Wie "lästig" ist diese Einschränkung für die Genossenschaftsmieter? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die grün eingefärbte Fläche in der Abbildung quantifizieren. Der Wert der blauen Fläche ist bereits bekannt: diese stellt die 2'600 Franken Subvention dar, welche die Genossenschaftsmieter erhalten. Die grüne Fläche hingegen entspricht jenen Kosten, die diese Mieter zu tragen haben, wenn sie von der Baugenossenschaft eine kleinere Wohnung erhalten, als was sie sich auf dem privaten Markt leisten würden. (Nota bene: Durchschnittseinkommen und Vermögen der Genossen unterscheiden sich kaum von jenem der übrigen Mieter; ihre Wohnflächenachfrage ist also vergleichbar. Ich nehme bei beiden Gruppen eine konstante Preiselastizität der Nachfrage von –0.5 an).

Ich schätze diese Kosten auf ca. 30 Mio. Franken pro Jahr, was rund einem Sechstel der Subvention entspricht. Die Bewohner von Wohnbaugenossenschaften erhalten ein Geschenk im Wert von 2'600 Franken, das ihnen jedoch nur 2'200 Franken wert ist. Volkswirtschaftlich gesehen handelt es sich um Wohlfahrtsverluste, die zu den weiteren, im Beitrag erwähnten Kosten der Wohnbauförderung angerechnet werden müssen.  

Diese Analyse erlaubt einige weitere nette Auswertungen. Bleiben sie dran.

 
Hat Tip: Patrik Schellenbauer

Freitag, 3. Juni 2011

Zürcher Taxiverordnung ist illegal

Am Sächseläutenumzug ziehen die Zünfter reitend durch die Stadt Zürich zum Sächseläutenplatz. Es wäre jedoch passender, wenn sie Taxi fahren würden: Die Zürcher Taxiverordnung erinnert stark an eine mittelalterliche Zunftordnung. Die Anzahl der Taxis, die Preise und die Zulassungsbedingungen sind strengsten reguliert. Das Ergebnis? Zürich hat die teuersten Taxis der Welt.
Nun hat sich das Bundesgericht von seiner liberalen Seite gezeigt. Die Zürcher Tarifverordnung sei «direkt gegen den Wettbewerb gerichtet» und verstosse gegen die Wirtschaftsfreiheit. Genau so. Es wäre dennoch interessant zu wissen, warum die Stadt Verordnungen erlässt, die der Zürcher Bevölkerung nachweislich schaden.

Freitag, 27. Mai 2011

Kein Grund zur Freude im Kanton Uri

Ich habe diesen Text dem Tages-Anzeiger geschickt. Mal schauen, was daraus wird.
UPDATE: Der Artikel ist am 1. Juni in der Print-Ausgabe erschienen.
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Eine neue Publikation der Credit Suisse soll Erstaunliches aufgedeckt haben: Altdorf ist die attraktivste Gemeinde der Schweiz. Der erste Platz bereite viel Freude im Kanton Uri, der Stadtpräsident jubelte und das Schweizer Fernsehen schickte ein Reportageteam auf den Vierwaldstättersee. Doch ein kritischer Umgang mit der Studie zeigt auf, dass die Autoren der Studie ihre Ergebnisse falsch interpretieren – und Altdorf keinen Grund zur Freude hat.
Zur Erinnerung: Um die Rangliste der Gemeindeattraktivität zu bilden, geht die Credit Suisse in ihrer neuen Publikation "Swiss Issues Regionen" von einem gegebenen Haushaltseinkommen aus und zieht die je nach Wohnort unterschiedlichen Steuern, Abgaben und Wohnkosten ab. Es werden auch die direkten Pendelkosten – nicht jedoch die Zeitkosten – berücksichtigt.  Daraus ergibt sich ein gemeindespezifisches verfügbares Einkommen.

Nach dieser Rechnung liegt der attraktivste Wohnort der Schweiz im Kanton Uri. Ganz oben auf der Liste findet man die Kantone Appenzell, Glarus, Obwalden und Thurgau. In diesen Kantonen verbleibt am Ende des Monats am meisten Geld im Portemonnaie. Genf, Zürich und Basel hingegen belegen die letzten Ränge.

Die Rechnung der CS mag stimmen, die Schlussfolgerungen jedoch nicht. Das verfügbare Einkommen wird massgeblich von den Wohnkosten bestimmt, die je nach Lage sehr unterschiedlich sind. Gemäss Daten des Immobilienportales Homegate beträgt die Monatsmiete einer neuwertigen 4-Zimmer-Wohnung in Altdorf rund 2'000 Franken. Das ist weniger als die Hälfte als was man für eine ähnliche Wohnung im Seefeld-Quartier in Zürich ausgeben muss – vorausgesetzt man findet da überhaupt eine.

Die höheren Mieten in Zürich widerspiegeln die höhere Qualität der Lage, sprich die gute Kinderbetreuung, die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten oder das vielfältige kulturelle Angebot – um nur einige der Dinge zu nennen, die eine hohe Lebensqualität ausmachen. Für diese Qualität sind die Zürcher, sowie die Genfer und die Basler, bereit viel Geld auszugeben.
Das Leben in Altdorf ist also gerade deshalb so günstig, weil der Durchschnittsschweizer nicht willig ist, tief in die Tasche zu greifen, um da zu wohnen. Wäre Altdorf nicht finanziell attraktiv, würden die Altdorfer ihre Stadt allmählich verlassen – um vielleicht bei einer Grossbank in der Grossstadt ein aufregendes Leben zu geniessen.

Donnerstag, 26. Mai 2011

Kann man eine Immobilienblase von weitem erkennen?

Es ist schwierig, aber man kann es versuchen. Mein Vorschlag kann man hier (ab Seite 6) nachlesen.

Montag, 23. Mai 2011

Unsinn am Flughafen Dübendorf

Patrik Schellenbauer von Avenir Suisse bringt die Diskussion auf den Punkt. Arbeitsplätze haben wir schon genug; die produtivste Verwendung dieses Stückes Land ist eine Wohnnutzung. Lesen Sie hier weiter.

Freitag, 29. April 2011

Immobilienpreise in den USA: Man könnte ein Lied davon singen

Planet Money, eine Sendung-mit-Blog zu aktuellen ökonomischen Themen des National Public Radio (NPR) hat die Entwicklung der Immobilienpreise in den USA vertönt (sic). Hier die Partitur zum Case-Shiller-Index der Eigenheimpreise für die Region Miami. Hörproben finden Sie hier.

Mittwoch, 20. April 2011

Städtische Dichte -- radikale Lösung aus Thailand

Die Überbauung von Gleisfeldern ist ein Dauerbrenner des Städtebaus. Hier ein spektakuläres Beispiel aus Thailand.

Freitag, 8. April 2011

Meine Wohntrends für das nächste Jahrhundert

Eine spätere Version dieses Artikels ist am 1. April in der NZZ erschienen.
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Wer hat den Wolkenkratzer erfunden? Mit dieser Frage konfrontiert, würde eine Architekturhistorikerin wahrscheinlich auf die Architekten und Bauingenieure der Chicagoer Schule hinweisen, welche gegen Ende des 19. Jahrhunderts als erste das Stahlskelett systematisch einsetzten. Doch ohne die Liftproduzenten, Telefongesellschaften und – wohl noch wichtiger – ohne die Versicherungen, die das finanzielle Risiko dieser Gebäude überhaupt tragbar machten, hätte das ‚Bauen in den Himmel’ nie in diesem Umfang stattgefunden.

Bauen ist auch Investieren: Architekten haben nicht nur mit technischen und ästhetischen Nebenbedingungen zu kämpfen, sondern auch mit finanziellen. Die Architekten und Bauherren im Chicago des 19. Jahrhunderts waren mit den ökonomischen Grundbedingungen des Bauens konfrontiert; auch jene in der Schweiz des 21. Jahrhunderts sind es. Welche architektonischen Trends bringt also die sich abzeichnende Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Jahren für den hiesigen Wohnungsbau hervor?
Wir haben vier Trends ausgemacht.

Bauliche Verdichtung
Starke Impulse dürften von der zunehmenden Bodenknappheit ausgehen, welche sich insbesondere in den Grossstädten in steigenden Bodenpreisen äussert. In Zürich oder Genf markieren Landpreise von über 3'000 Franken pro Quadratmeter den Bereich des Normalen.
Steigende Bodenpreise schaffen einen Anreiz, schonend mit der knappen Ressource Boden umzugehen. Beim Bauen in der Stadt wird Boden durch Kapital substituiert, d.h. es werden aufwändigere, höhere Gebäude realisiert und dies führt zu einer verdichteten Bauweise.
Die Attraktivität der urbanen Konsum- und Arbeitsmärkte hat die Wohnraumnachfrage in den Grosszentren nachhaltig erhöht. Mehr Wohnfläche bei weniger Gartenfläche – so könnte man die Auswirkung des damit entstandenen Nachfrageüberhangs auf die urbane Form zusammenfassen.

Mehrfamilienhäuser
Die zunehmende Bodenknappheit in den Städten trägt zur Wiederentdeckung des Mehrfamilienhauses als Investitionsobjekt bei. Die stabilen Mieteinnahmen, welche Wohnimmobilien generieren, sind für institutionelle Investoren besonders attraktiv. So sind Mehrfamilienhäuser wichtige Garantiepfeiler für die Deckung der langfristigen Verbindlichkeiten der Pensionskassen und der wachsenden Ansprüche der zukünftigen Rentner.
Ein weiterer wichtiger Grund für die hohe Bedeutung des hiesigen Mietwohnungsbaus liegt darin, dass die Schweiz - im Unterschied zu anderen Ländern wie Grossbritannien, Irland oder Spanien - die gesetzlichen Rahmenbedingungen aufrecht erhalten konnte, die für einen gut funktionierenden Mietmarkt notwendig sind.

Nachhaltigkeit
Antriebe für die Gestaltung der neuen Wohnobjekte werden weiterhin von einer Diskussion um die Nachhaltigkeit von Gebäuden ausgehen. Gesucht und gebaut werden kompakte Bauhüllen, die Aussenflächen minimieren und Energieeffizienzgewinne sichern. Zusehends "out", weil im Energieverbrauch problematisch, sind stark gerasterte Gebäudefassaden und Laubengänge.
In den letzten Jahren wurden zudem grosse Fortschritte im Fensterbau realisiert. Die Bedeutung verglaster Flächen hat entsprechend zugenommen. Dank grossflächiger Fensterfronten wird es zunehmend möglich, trotz einer höheren Gebäudetiefe mehr Wohnkomfort zu erreichen. Gebäudetiefen von 15 Metern und mehr sind heute keine Seltenheit.

Raumhöhe
Höhere Räume lassen sich als eine Konsequenz der grösseren Gebäudetiefen auffassen. Allerdings spielen hier auch Präferenzen der Nachfragenden – Eigentümer und Mieter – mit. Seit einigen Jahren ist eine grosszügige Raumhöhe zu einem gesuchten Wohnungsmerkmal avanciert. Höhen von 2,70 Metern und mehr sind bei Neubauten häufiger geworden. Von den 5,80 Meter der Renaissancevillen von Andrea Palladio sind wir weit entfernt. Allmählich zeichnet sich jedoch ein Trend zu Zimmerhöhen ab, die in repräsentativen Neubauten der Gründerzeit üblich waren.

Diese Trends dürften uns einige Zeit begleiten. Manche von ihnen dürften eher früher als später in Konflikt mit Bausgesetzen und Planungsprinzipien geraten. Die zahlreichen Debatten um die "richtige" Gebäudehöhe stellen dabei nur ein Beispiel dazu. In obsolete Baugesetze liegt wohl die grösste Beständigkeit des Immobilienmarktes.

Donnerstag, 7. April 2011

Der SVW liest diesen Blog nicht

Gemeint ist der Schweizerische Verband für Wohnungswesen, Sektion Zürich. Denn so hätten sie meinen Beitrag zur Zürcher Wohnbauförderung zuerst gelesen, bevor ihn zu kritisieren. Oder bin ich vielleicht zu naiv?

Samstag, 2. April 2011

Tiefere Steuern, höhere Einkommen?

Immobilien und Steuern haben viele Berührungspunkte. Wir brauchen alle ein Dach über dem Kopf; (fast) alle müssen Steuern zahlen. Nach einer eingehenden Marktanalyse und aus aktuellem Anlass (haben Sie Ihre Steuererklärung schon abgeschickt?) habe ich mich also entschieden, künftig auch zum Thema Steuern meinen Senf zu geben. 

Vor Kurzem hat Greg Mankiw, Autor des meistverkauften Ökonomielehrbuches und Prof in Harvard, auf einen interessanten Zusammenhang hingewiesen. Obwohl die Steuerbelastung in den OECD-Ländern unterschiedlich hoch ist, sind die Steuereinnahmen pro Kopf in etwa gleich. Hier ist eine Version seiner Tabelle, die ich um die Schweiz ergänzt habe. Das BIP pro Kopf wird als Annährung für das Durchschnittseinkommen genommen.


Der Zusammenhang lässt sich durchaus kausal deuten. Man kann argumentieren, dass eine tiefere Besteuerung den Anreiz gibt, mehr zu arbeiten und hinzuzuverdienen. Nicht von ungefähr gelten die Amerikaner und die Schweizer als 'workaholics'. Die hohe Steuerbelastung in Frankreich, Deutschland und Italien führt hingegen zu einer Substitution der Arbeit zugunsten der Freizeit - oder zugunsten der Schattenwirtschaft. Würden diese Länder ihre Steuern senken, gingen die Steuereinnahmen nicht unbedingt zurück. 
Oder hat jemand eine bessere Erklärung?

Freitag, 1. April 2011

Wohnbauförderung: Privileg oder Gemeinnutz?

Hier der Link zum Beitrag, der heute im Tages-Anzeiger und in der NZZ besprochen wird.

Donnerstag, 31. März 2011

Kosten und Nutzen der Zürcher Wohnbauförderung

Der Frühling ist da, die Immobilienpreise steigen und das Thema Wohnen steht im Zentrum der kommenden Nationalratswahlen (ok, es gibt auch die Energiefrage).Ich werde heute morgen meinen Beitrag zum Buch des HEV "Wohneigentum in Zürich" präsentieren. Darin wage ich eine Kosten/Nutzen-Analyse der Zürcher Wohnbauförderung. Lohnen sich die Baugenossenschaften? Mehr dazu später.

Dienstag, 8. Februar 2011

Mythos Marktversagen - Wie die "Wohnungsnot" nach Zürich kam

Zurzeit findet sich kaum ein institutioneller Investor, der nicht in Zürich bauen möchte. Kein Wunder: Wohnfläche in der Stadt ist gefragt. Dies ist jedoch nicht zum ersten Mal so. Schon früher erlebte die Stadt Phasen extremer Wohnungsknappheit, allen voran die Jahre unmittelbar nach den Weltkriegen. So war die Leerwohnungsziffer in der kurzen Zeitspanne zwischen 1915 und 1918 von 3,2 Prozent auf weniger als 0,1 Prozent zurückgegangen. Gerade 25 Wohnungen standen Ende 1918 leer. Wie entstand diese „Wohnungsnot“ – und wie reagierten die damaligen Stadtbehörden? Manches wird den aktuellen Einwohnern der Stadt Zürich bekannt vorkommen.

Die gängige Meinung unter den Stadthistorikern über die Ursache der „Wohnungsnot“ lässt sich in den Worten des Historikers Bruno Fitzsche zusammenfassen: „In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der genossenschaftliche Wohnungsbau in erster Linie ein Ersatz für eine periodisch ungenügende privatwirtschaftliche Bautätigkeit“
. Gemäss dieser These versagte plötzlich der private Wohnungsbau und die grosse Nachfrage musste durch die öffentliche Hand und ihre Verlängerung, die Baugenossenschaften, gedeckt werden.

In der Tat wurden im Jahr 1918 weniger als 500 Wohnungen erstellt, bloss ein Viertel der Neubautätigkeit des Jahres 1913. Doch kaum jemand fragte sich, warum die privaten Bauherren, die Ende des 19. Jahrhunderts die Stadt Zürich innerhalb von wenigen Jahren aus ihrem Dornröschenschlaf gerissen hatten, trotz starker Nachfrage nicht mehr bauten.


Die Neugier war auch schon grösser gewesen. Im Jahr 1920 beauftragte der Schweizerische Verband zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus den aus der Ukraine stammenden Zürcher Ökonomen Manuel Saitzew mit einem Gutachten zu den Ursachen der Wohnungsnot. 
Saitzews meisterhafte Studie zeigte deutlich auf, dass die Ursache nicht in einer irrationalen Laune der Investoren gründete. Vielmehr war die Wohnknappheit die unmittelbare Konsequenz des massiven Eingriffes des Bundes in den Immobilienmarkt.

In den Kriegsjahren hatte die Inflationsrate rasch zugenommen. Zwischen 1914 und 1919 verdoppelte sich das allgemeine Preisniveau
. Dies veranlasste den Bundesrat, per Notrecht den Wohnungsmarkt zu regulieren und mit mehreren dringenden Bundesbeschlüssen wurde ab 1917 versucht, Mietpreissteigerungen zu verhindern.

Aus Sicht der Behörden war die Preispolitik ein Erfolg: die Mieten stiegen nur um 50 Prozent, vier Mal weniger als die allgemeine Inflationsrate. Doch es gab zwei unbeabsichtigte Konsequenzen. Zum einen wurde mit der Einführung der Mietkontrolle der private Wohnungsbau bald unrentabel, denn schnell überstiegen die Baukosten und die Löhne der Bauarbeiter und Handwerker – die der Inflation nicht entzogen worden waren – die erzielbaren Mieten bei weitem.


Im seinem Gutachten rechnete Seitzew vor, dass sich die Erstellungskosten eines Mehrfamilienhauses zwischen 1914 und 1919 beinahe vervierfacht hatten. Unter diesen Umständen war der Wohnungsbau zum Verlustgeschäft geworden und die private Bautätigkeit, die bis vor dem Krieg den massiven Zuwachs der Stadtbevölkerung ohne grösseren Schwierigkeiten gemeistert hatte, kam vollkommen zum Erliegen.


Die zweite unbeabsichtigte Konsequenz folgte aus der Veränderung der relativen Preise, d.h. des Mietpreises im Vergleich zu den übrigen Konsumentenpreisen. Die real stark verbilligten Mieten lockten Tausende von Landbewohnern in die Stadt. Noch nie war das Wohnen in der Stadt so günstig gewesen – und es kam zur Wohnungsnot.


Als Lösung sprangen diejenigen Behörden in die Bresche, welche die Wohnungsnot selber geschaffen hatten. Anstatt sich für die rasche Aufhebung der Mietkontrolle zu engagieren, förderte die Stadt Zürich aktiv die Gründung von Wohnbaugenossenschaften. Erst nach der teilweisen Abschaffung der Mietpreiskontrollen im Jahr 1922 nahm die private Bautätigkeit wieder zu.


Das gleiche Szenario wiederholte sich mit dem Zweiten Weltkrieg. Am 1. September 1939 wurde per dringenden Bundesbeschluss eine umfassende Mietpreiskontrolle wieder eingeführt. Die Mieten durften ohne Bewilligung der Behörden nicht überschritten werden. Wiederum waren die Kriegsjahre durch eine hohe Inflationsrate gekennzeichnet, wenn auch nicht so stark wie zwanzig Jahre zuvor. Zwischen 1939 und 1945 nahmen die Konsumentenpreise um 50 Prozent zu. Nicht aber die Mieten: Der Zürcher Mietindex blieb zwischen 1939 und 1945 praktisch unverändert.


Die gleiche Ursache zeigte die gleiche Wirkung. Als der Krieg zu Ende ging, lockten die real betrachtet sehr billigen Zürcher Mieten die Landbevölkerung der umliegenden Kantone in die Stadt. Wiederum wurden die Ursachen mit den Folgen verwechselt: Anstatt die Zunahme der Nachfrage auf die künstliche Verbilligung der Mieten durch die Mietkontrolle zurückzuführen, wurde die hohe Nachfrage als Zeichen der „Wohnungsnot“ interpretiert. Es kam zur zweiten Bauwelle der Baugenossenschaften.

90'000 Wohnungen über Nacht gebaut

Vor kurzem hat das Bundesamt für Statistik die Ergebnisse der neuen Wohnungszählung per Ende 2009 veröffentlicht. Diese basieren neu auf dem harmonisierten Gebäude- und Wohnungsregister (GWR). Dass im Vergleich zu den bereits publizierten Daten einige Veränderungen im Bestand resultieren würden, war ja zu erwarten. Dass man allerdings wie im Kanton Wallis gleich 12% mehr Wohnungen "findet" ist schon noch erstaunlich. Zumindest kann man Statistik Zürich ein gutes Zeugnis ausstellen. Schweizweit wurden somit "über Nacht" 90'000 Wohnungen geschaffen -- zwei Mal die durchschnittliche Jahresproduktion.



HT Peter Meier

Freitag, 4. Februar 2011

Seefeldisierung ist gut

Es ist Zeit, dass die Ökonomen das leidende Thema der Seefeldisierung in die Hand nehmen und Klartext reden. Urs Hausmann von der Immobilienberatungsfirma Wüest und Partner fängt mit diesem Interview an. Die grundsätzliche Frage bleibt die folgende: Wie viel ist den Stadtzürchern die Durchmischung von Haushalten mit tieferen und höheren Einkommen im gleichen Quartier wirklich wert? Denn der Preis der Durchmischung steigt proportional mit den Immobilienpreisen an. Ich bin auf die Reaktionen der Tagi-Leser gespannt.